42 Ergebnismitteilung an den Patienten

Aus EUMI-Praxisbuch
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Werden dem Patienten seine individuellen Ergebnisse aus seinen Studienuntersuchungen mitgeteilt?

Zusammenfassung

Aus dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und dem im Bundesdatenschutzgesetz genannten Recht einer Person, Einsicht in die über ihn gespeicherten Angaben zu bekommen, folgt, dass der Patient grundsätzlich die Möglichkeit hat, individuelle Analyseergebnisse zu erfragen. Allerdings ist diese Rückmeldung dann an bestimmte Bedingungen zu knüpfen, z. B. Einbeziehung einer Ethikkommission oder, insbesondere bei der Rückmeldung genetischer (prädiktiver) Ergebnisse, die Einhaltung etablierter Standards. Diese umfassen eine ausführliche vorherige Beratung über mögliche Untersuchungsergebnisse sowie die Benachrichtigung durch Berufsgruppen mit entsprechender Beratungskompetenz (z. B. Humangenetiker). Der hierbei zu leistende Aufwand kann allerdings insbesondere bei großen Untersuchungspopulationen erheblich sein. Es wird andererseits gefordert, dem Patienten auch ein ""Recht auf Nichtwissen"" zuzugestehen und dies in der Einwilligung zu vereinbaren. [ZEK, 2003; Wellbrock, 2003] Ob von Seiten des Wissenschaftlers aus dem Auskunftsrecht des Patienten eine Mitteilungspflicht erwächst, den Patienten über alle ihn betreffenden Ergebnisse oder Zufallsbefunde auch ohne Rückfrage durch den Patienten zu unterrichten, wird äußerst zurückhaltend bewertet.

Standardsatz / -lösung

In dem hier gewählten spezifischen Beispielszenario ist ein Verzicht des Patienten/Probanden auf Rückmeldung vereinbart: „Ich verzichte auf die Rückmeldung von Ergebnissen von Untersuchungsergebnissen.“

Beispielszenario für eine Rückmeldung von Ergebnissen: „Sie haben erklärt, dass Ihnen Ergebnisse aus den Untersuchungen [hier evtl. eine Liste oder nähere Beschreibung der Untersuchungen], die Ihre Person betreffen, mitgeteilt werden sollen. Um Sie kontaktieren zu können, werden Ihre Adressdaten in der Biomaterialbank xy gespeichert. Bei Vorliegen von Ergebnissen erhalten Sie von uns ein Einladungsschreiben zu einem Gespräch, in dem Ihnen ein Arzt die Ergebnisse mitteilt, Rückfragen beantwortet und gemeinsam mit Ihnen die weitere Vorgehensweise bespricht. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass die Ergebnisse ggf. gegenüber Versicherungen anzuzeigen sind und dass sich aus den Untersuchungsergebnissen möglicherweise auch Konsequenzen für Verwandte ergeben.“ (siehe hierzu auch Kapitel 6 „Spezifische Probleme bei der Forschung mit Biomaterialien“).

(Datenschutz-) Rechtliche Bewertung

Die Entscheidung über das Recht auf Nichtwissen eines Patienten bezüglich erzielter Ergebnisse ist auf der Basis ethischer Kriterien zu treffen. Die Thematik weist zwar datenschutzrechtliche Implikationen auf, jedoch können diese erst im Anschluss an die notwendige ethische Grundentscheidung sinnvoll aufgezeigt werden. So hilft es beispielsweise wenig weiter, wenn dem Betroffenen zwar gesagt wird, welche Benachrichtigungen ihm üblicherweise zuteil werden, er aber unter Berufung auf sein „Recht auf Nichtwissen“ auf diese Benachrichtigungen verzichtet, ohne dass er genau weiß, um welche Inhalte und deren mögliche Relevanz für ihn es bei diesem Verzicht letztlich geht. Ein solches Verfahren kann deshalb ohne gesicherte Abwägung höherwertiger Rechtsgüter (derzeit) nicht empfohlen werden. „Handfester“ und für den Betroffenen auch durchschaubarer ist hingegen die Frage nach der Nutzung seiner Adresse zu Zwecken der Kontaktaufnahme mit ihm zu einem späteren Zeitpunkt, gegebenenfalls auch mit dem Zweck zusätzlicher Datenerhebung. Diese Verwendungszusammenhänge können dem Patienten ohne weiteres erklärt werden, auch kann erläutert werden, aus welchen Gründen Kontaktaufnahmen und Nacherhebungen nötig werden (könnten). Da aber allein die Mitteilung an den Patienten, seine Adresse werde gespeichert, noch nicht zwingend bedeutet, dass diese dann später auch für die vorerwähnten Zwecke genutzt werden kann, ist der Patient auf diese Zwecke ausdrücklich hinzuweisen, damit nicht Zweifel darüber aufkommen können, ob seine Einwilligungserklärung auch diese Adressenverwendung abdeckt.

Bewertung

Der Patient hat das Recht, jederzeit Auskunft über seine gespeicherten Daten zu erhalten. Eine Mitteilung von Ergebnissen (beispielsweise aus der genetischen Untersuchung von Biomaterialien des Patienten) ohne Nachfrage lässt sich daraus nicht ableiten. Allerdings kann aus ethischen oder medizinischen Gründen eine Benachrichtigung der Patienten als notwenig erachtet werden (Zufallsbefunde, neue Therapiemöglichkeiten). Diese Entscheidung ist individuell zu fällen, evtl. unter Einschaltung entsprechender Institutionen (Ethikkommission). Macht der Patient von seinem Auskunftsrecht Gebrauch, so ist er über die Analyseergebnisse nach den etablierten klinischen Standards zu informieren (Ausführliche Beratung, Aufklärung durch Personen mit Beratungskompetenz, z.B. Arzt, Humangenetiker).

Deklaration von Helsinki 2013

26. [...] Allen Versuchspersonen medizinischer Forschung sollte die Möglichkeit gegeben werden, über den allgemeinen Ausgang und die allgemeinen Ergebnisse der Studie informiert zu werden. 36. Forscher, Verfasser, Sponsoren, Herausgeber und Verleger haben im Hinblick auf die Veröffentlichung und Verbreitung der Forschungsergebnisse ethische Verpflichtungen. Forscher sind verpflichtet, die Ergebnisse ihrer Forschung am Menschen öffentlich verfügbar zu machen und sind im Hinblick auf die Vollständigkeit und Richtigkeit ihrer Berichte rechenschaftspflichtig.

BDSG

§ 19 Auskunft an den Betroffenen (1) Dem Betroffenen ist auf Antrag Auskunft zu erteilen über 1. die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, 2. die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, an die die Daten weitergegeben werden, und 3. den Zweck der Speicherung. In dem Antrag soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnet werden.

§ 33 Benachrichtigung des Betroffenen (2) Eine Pflicht zur Benachrichtigung besteht nicht, wenn […] 2. die Daten nur deshalb gespeichert sind, weil sie aufgrund gesetzlicher, satzungsmäßiger oder vertraglicher Aufbewahrungsvorschriften nicht gelöscht werden dürfen oder ausschließlich der Datensicherung oder der Datenschutzkontrolle dienen und eine Benachrichtigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, 3. die Daten nach einer Rechtsvorschrift oder ihrem Wesen nach, namentlich wegen des überwiegenden rechtlichen Interesses eines Dritten, geheimgehalten werden müssen, [...] 5. die Speicherung oder Übermittlung für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung erforderlich ist und eine Benachrichtigung einen unverhältnismäßigen Aufwand erfordern würde, 6. die zuständige öffentliche Stelle gegenüber der verantwortlichen Stelle festgestellt hat, dass das Bekanntwerden der Daten die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde, 7. die Daten für eigene Zwecke gespeichert sind und a) aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen sind und eine Benachrichtigung wegen der Vielzahl der betroffenen Fälle unverhältnismäßig ist, oder b) die Benachrichtigung die Geschäftszwecke der verantwortlichen Stelle erheblich gefährden würde, es sei denn, dass das Interesse an der Benachrichtigung die Gefährdung überwiegt,

§ 34 Auskunft an den Betroffenen (1) Die verantwortliche Stelle hat dem Betroffenen auf Verlangen Auskunft zu erteilen über 1. die zu seiner Person gespeicherten Daten, auch soweit sie sich auf die Herkunft dieser Daten beziehen, 2. den Empfänger oder die Kategorien von Empfängern, an die Daten weitergegeben werden, und 3. den Zweck der Speicherung. Der Betroffene soll die Art der personenbezogenen Daten, über die Auskunft erteilt werden soll, näher bezeichnen. […] (7) Eine Pflicht zur Auskunftserteilung besteht nicht, wenn der Betroffene nach § 33 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, 3 und 5 bis 7 nicht zu benachrichtigen ist.

DAE Empf genDat

II. Teilnahme an epidemiologischen Studien: [...Dies gilt] auch für seine potentiell betroffenen Familienangehörigen. Im Rahmen der Aufklärung ist nicht nur die Frage zu klären, ob, sondern auch wie weit ggf. der Patient bzw. Proband über das bei der Untersuchung gewonnene Wissen informiert werden will. Das Recht auf Nicht-Wissen muss in gleicher Weise gewährleistet werden wie das Recht auf Wissen.

IV. Erhebung und Verwendung von Daten [...] Für die Mitteilung von Studienergebnissen, die für den Probanden oder dessen Familie relevant sind, sollten Bedingungen gelten, wie sie für die prädiktive Diagnostik anerkannt sind. Ein Aspekt der Relevanz ist z.B. immer dann gegeben, wenn präventive Maßnahmen oder auch Frühdiagnostik und / oder Therapie bereits existieren oder inzwischen entwickelt wurden, über die der Proband aufgeklärt werden sollte. [...] Der Proband ist darauf hinzuweisen, dass die Anonymisierung – in seinem Interesse – eine Information über Untersuchungsergebnisse ausschließt. Besteht er auf einer solchen Information, sind die Rahmenbedingungen für die vorübergehende Verwendung nicht anonymisierter Daten exakt festzulegen. In solchen Fällen könnte sich eine Datentreuhänderschaft anbieten. [...]