07.1 Durchführung und Adressat der Aufklärung bei nicht Einwilligungsfähigen

Aus EUMI-Praxisbuch
Version vom 30. November 2016, 12:21 Uhr von uni-oldenburg>Christoph
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Zusammenfassung

Die besondere Ausrichtung auf den Adressaten der Aufklärung (Patient, Kind, Eltern, Betreuer o. a.) wird nicht explizit verlangt, geht aber aus den Ausführungen der regulatorischen Vorgaben, der Ethikkommissionen und anderer Dokumente (insbesondere in Bezug auf die Einwilligung von Kindern) hervor.

Standardsatz / -lösung

„Bitte lesen Sie diese Patientenformation sorgfältig durch. Der zuständige Arzt wird mit Ihnen auch direkt über die Studie sprechen. Bitte fragen Sie den Arzt auch im Namen/Sinne des Nicht-Einwilligungsfähigen, wenn Sie etwas nicht verstehen oder wenn Sie zusätzlich etwas wissen möchten.“

Bewertung

Die schriftliche und mündliche Aufklärung ist zwingende Voraussetzung bzw. ggf. nachträglich für die Einwilligung des Patienten oder rechtskräftigen Vertreters. Nur ein umfassend informierter Patient bzw. Vertreter kann rechtskräftig in die Teilnahme an einer Studie einwilligen.

Die schriftliche Aufklärung erfolgt mit Hilfe der Patienteninformation und Einwilligungserklärung. Dem Patienten/rechtskräftigem Vertreter muss ausreichend Zeit gegeben werden, diese zu lesen und zu verstehen.

Ergänzend muss eine mündliche Aufklärung erfolgen, deren Umfang sich an den Inhalten der schriftlichen Patienteninformation orientiert. Die genaue Durchführung der mündlichen Aufklärung muss nicht in der Patienteninformation vorgegeben werden. Der Patient/rechtskräftigem Vertreter muss jedoch darüber informiert sein, dass ein Gespräch mit dem Arzt integraler Bestandteil der Aufklärung ist, und dass er dort Fragen an den Arzt stellen kann, die ebenfalls dokumentiert werden (siehe hierzu Item 50).

AMG

§41 (1) Auf eine klinische Prüfung bei einer volljährigen Person, die an einer Krankheit leidet, zu deren Behandlung das zu prüfende Arzneimittel angewendet werden soll, findet § 40 Abs. 1 bis 3 mit folgender Maßgabe Anwendung: [...] Kann die Einwilligung wegen einer Notfallsituation nicht eingeholt werden, so darf eine Behandlung, die ohne Aufschub erforderlich ist, um das Leben der betroffenen Person zu retten, ihre Gesundheit wiederherzustellen oder ihr Leiden zu erleichtern, umgehend erfolgen. Die Einwilligung zur weiteren Teilnahme ist einzuholen, sobald dies möglich und zumutbar ist.

EU VERORDNUNG 536/2014

Erwägungsgründe

(36) Diese Verordnung sollte klare Bestimmungen zur Einwilligung nach Aufklärung in Notfällen enthalten. Dabei handelt es sich um Fälle, in denen sich ein Patient beispielsweise durch multiple Traumata, Schlaganfälle oder Herzinfarkte plötzlich in einem lebensbedrohlichen Zustand befindet, der ein unverzügliches medizinisches Eingreifen erfordert. In solchen Fällen kann eine Behandlung im Rahmen einer bereits genehmigten und in Durchführung begriffenen klinischen Prüfung zielführend sein. Jedoch ist es in bestimmten Notfallsituationen nicht möglich, vor dem Eingriff eine Einwilligung nach Aufklärung einzuholen. In dieser Verordnung sollten daher klare Regeln darüber festgelegt werden, wann ein solcher Patient in eine klinische Prüfung einbezogen werden kann; dies sollte nur unter äußerst strengen Auflagen gestattet sein. Außerdem sollte die klinische Prüfung in einem solchen Fall unmittelbar den klinischen Zustand betreffen, aufgrund dessen es dem Patienten oder seinem gesetzlichen Vertreter innerhalb des Zeitfensters für die Behandlung nicht möglich ist, eine Einwilligung nach Aufklärung zu erteilen. Früher geäußerte Einwände des Patienten sollten beachtet werden, und es sollte so schnell wie möglich eine Einwilligung nach Aufklärung des Prüfungsteilnehmers oder des gesetzlichen Vertreters eingeholt werden.

Artikel 29 Einwilligung nach Aufklärung

(1) Die Einwilligung nach Aufklärung wird nach entsprechender Aufklärung gemäß Absatz 2 von der Person, die das Gespräch gemäß Absatz 2 Buchstabe c geführt hat, sowie vom Prüfungsteilnehmer oder, falls der Prüfungsteilnehmer nicht in der Lage ist, eine Einwilligung nach Aufklärung zu erteilen, seinem gesetzlichen Vertreter schriftlich erteilt, datiert und unterzeichnet. Ist der Prüfungsteilnehmer nicht in der Lage, seine Einwilligung nach Aufklärung schriftlich zu erteilen, kann die Einwilligung in geeigneter alternativer Weise in Anwesenheit mindestens eines unparteiischen Zeugen erteilt und aufgezeichnet werden In diesem Fall unterzeichnet und datiert der Zeuge das Dokument zur Einwilligung nach Aufklärung. Der Prüfungsteilnehmer oder, falls der Prüfungsteilnehmer nicht in der Lage ist, eine Einwilligung nach Aufklärung zu erteilen, sein gesetzlicher Vertreter erhält eine Ausfertigung des Dokuments oder der Aufzeichnung, mit dem die Einwilligung nach Aufklärung erteilt wurde. Die Einwilligung nach Aufklärung ist zu dokumentieren. Dem Prüfungsteilnehmer oder seinem gesetzlichen Vertreter ist eine angemessene Frist zu gewähren, um über seine Entscheidung, an der klinischen Prüfung teilzunehmen, nachzudenken.